Die industrielle Landwirtschaft, Insektensterben und andere Faktoren setzen Igeln zu. In einigen Bundesländern wird der Insektenfresser deswegen bereits in den Roten Listen für gefährdete Tierarten geführt. Aber immerhin gibt es Initiativen, die sich wie die Dortmunder Arbeitsgruppe Igelschutz e. V. nicht nur um Beratung, Pflege und Winterquartiere, sondern auch um das leibliche Wohl der Tiere kümmern. Ein Erlebnisbericht aus einer Großküche für Igel.
Für Igel kochen
Wenn man um 9:00 Uhr am ersten Samstag in diesem April zur Beratungsstelle der Arbeitsgruppe Igelschutz e. V. in Dortmund kommt, dann zieht schon ein Duft von schierer Hühnerbrühe in die Nase und man sucht die Nuancen von Petersilie, Lauch und Sellerie vergeblich. Dieser Duft ist nicht für Menschen bestimmt, sondern für eine besondere Spezies – den Igel.
Zwischen September und Januar hat die Beratungsstelle in Dortmund-Hallerey dreimal die Woche geöffnet. Zwischen dem 1. Februar 2018 bis zum 1. Februar 2019 wurden hier insgesamt 1.051 hilfsbedürftige Igel, schwerpunktmäßig von September bis Januar, von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern untersucht und teilweise mehrmals in der Saison behandelt. Für diejenigen, die einer intensiveren Pflege vor Ort bedürfen, wird vor jeder Saison vorgekocht. Und dabei sind einige Dinge zu beachten.
Igel sind reine Insektenfresser und daher mit den Maulwürfen und Spitzmäusen verwandt. In menschlicher Obhut bleibt somit meistens nur Ersatzfutter. Als Tabus für Igel gelten allerdings dabei Milch, gewürztes Futter, Essensreste, Süßigkeiten, Knabbersachen, Pudding aller Art, rohes Fleisch, rohe Eier (Salmonellengefahr)! Des Weiteren verbietet sich laut Arbeitsgruppe Gemüse, Salat und Kartoffeln als Nahrung.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Igel in menschlicher Pflege mit Fertignahrung zu ernähren. Wer allerdings vorkochen möchte, für den findet sich ein bewährtes Rezept auf der Seite des Vereins:
Hier ist das Rezept (ausreichend für 2 – 3 Wochen)
• Hähnchenfleisch ca. 1.300 / 1.400 g (kein Huhn, es ist zu fettig)
• 1 kg Möhren
• 200 g Hunde-Gemüseflocken (z.B. Multifit)
• 2 Esslöffel Futterkalk
Hähnchenfleisch und Möhren gar kochen, dann mit einem Pürierstab oder Küchenmaschine fein zerkleinern. Die Hundeflocken, den Futterkalk und etwas von der entfetteten Hähnchenbrühe dazu geben. Alles gut vermischen und in Portionen von ca. 100–150 g (tennisballgroß) einfrieren. Je nach Größe des Igels muss die Futtermenge sogar erhöht werden. Richten Sie die Futtermenge so ein, dass ein noch nicht ausgewachsener Igel ca. 50 – 100 Gramm pro Woche zunimmt.
Vor Ort denkt man allerdings in anderen Dimensionen. Die ersten Arbeiten begannen bereits um 6:00 Uhr morgens. Dabei wurden 150 kg Hähnchenbollen, 100 kg Möhren, Multifitflocken, 40 kg Hähnchenflügel gekocht, um für die Wursterei ab 9:00 Uhr bereit zu stehen.
Wer nun glaubt, 100 kg Möhren schälen zu müssen, der sei beruhigt – sie kommen als Ganzes in den Topf. Im Garten würde der Igel auch nicht wählerisch sein und sein Besteck hervorholen.
Nachdem nun alles gekocht ist, kommt es in den Fleischwolf. Die Masse wird verrührt und mit den Futterzusätzen gemischt. Dann wird gewurstet. Die Würste – rund 460 Stück zzgl. kleinere Portionsbeutel – kommen anschließend in die Kühltruhe, um sie bei Bedarf herauszunehmen. Die gekochten Hühnerflügel übrigens werden von den Igeln gerne als kleine Knabberei genommen. Sie werden als Ganzes eingefroren.
Der Aktionstag wurde von rund 20 freiwilligen Helferinnen und Helfern durchgeführt. Neben dem Kochen waren auch Vorbereitungen für die 1.500 Igelhäuser notwendig, welche im Juni beim nächsten Aktionstag aus Karton gefaltet werden. Hier gilt das Motto, je mehr mitmachen, desto größer ist der Spaß und desto weniger die Arbeit. Mitmachen ist also ausdrücklich erwünscht.
Die Arbeitsgruppe Igelschutz e. V. gibt es schon seit über 20 Jahren und gilt als kompetenter Ansprechpartner in Sachen Igel weit über Dortmunds Grenzen hinaus. Mehr Informationen unter
Text: Bettina Tari-Kirsch
Bilder – © – Copyright Bettina Tari-Kirsch