Delinale: Welche Gemüsesorten wird Wegeners Gemüse-Manufaktur 2018 auf den Markt bringen?
Thomas Wegener: Seit 2011 versuchen wir nun, unser Angebot so aufzustellen, dass es einerseits aus der Masse heraussticht, zugleich aber auch einen respektablen Kundenkreis anspricht.
Daraus hat sich – ich kann es nicht anders sagen – ein Schlingerkurs ergeben: In 2016 hatten wir nur „alte“, also samenfeste Sorten im Angebot. Das Ergebnis war sehr ernüchternd. Endlose Fragen, warum die Tomaten so „komisch“ aussähen, warum die Gurken nicht grün, und die Auberginen nicht auberginenfarbig seien. Wir mussten in 2016 historische Tomatensorten als billige „Suppentomaten“ verramschen, weil einfach kein Markt für solche Raritäten da war.

In 2017 haben wir entsprechend gegengesteuert: Schöne runde rote Tomaten, schöne gerade grüne Schlangengurken, auberginefarbene Auberginen und rote Paprika.
Erstaunlicherweise wurden aber die Raritäten aus 2016 nun plötzlich von den Kunden vermisst. Auf einmal hieß es: „keine Schmorgurken? Keine Olivengurken?“
Und so schlingern wir fröhlich weiter in 2018: Es wird wieder deutlich mehr seltene Gemüsesorten geben. Alleine sieben Paprikasorten – auch lila und schwarz -, fünf Sorten Chili, 20 überwiegend historische Tomatensorten- auch grüne und schwarze-, 8 Sorten Gurken, darunter auch wieder Schmorgurken und als Novum – eine rote und eine weiße Gurke.
Delinale: Welche Favoriten sind bei Stammkunden beliebt und wie steht mittlerweile um die Akzeptanz neue, ungewöhnliche Tomaten- oder Gurkensorten auszuprobieren?
Wegener: In nunmehr sieben Jahren haben wir natürlich einen Stammkundenkreis aufgebaut. Diese Kunden sind es, die uns den Mut geben wieder mehr ausgefallene Gemüsesorten anzubauen. Viele unserer Stammkunden kaufen ohne Zögern alles, was aus eigenem Anbau stammt. Ich könnte keine Favoriten nennen, dafür sind die „Geschmäcker“ einfach zu unterschiedlich.

Delinale: Wer ist eigentlich aufgeschlossener beim ausprobieren neuer Sorten, gewerbliche Kunden aus der Gastronomie oder Privatkunden?
Wegener: Gewerbliche Kunden, also Köche oder deren Lieferanten, sind eigentlich auch „Privatkunden“, nur haben sie manchmal einen professionelleren Hintergrund und gelegentlich einen feineren Gaumen als Hobbyköche. Kunden, die für die eigene Familie kochen, sind manchmal begierig neues zu probieren, manchmal wollen sie auch nur das kaufen, was sie schon immer gekauft haben. Die „Profis“ sind eigentlich immer fasziniert, wenn sie ein Gemüse sehen das sie noch nicht kennen. Leider müssen die Köche aber wiederum an ganz normale Menschen ihre Gerichte verkaufen. Und da ist selbst in der gehobenen Sterneküche die Situation so, dass sich ein aufgepeppter Burger leichter verkauft, als eine Schmorgurke oder ein Salat mit grünen und schwarzen Tomaten.

Gerne erzähle ich die Geschichte von dem italienischen Koch, der von unseren dunklen Tomatensorten einfach nur begeistert war und einen Salat mit eben diesen auf seine Karte nahm. Nach wenigen Wochen sagte er mir, er könne die Tomaten leider nicht mehr kaufen. Viele Kunden hatten die Salate mit historischen dunklen Tomatensorten zurückgehen lassen, ohne auch nur probiert zu haben, da die Tomaten ja offensichtlich alt und verdorben wären.
Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen: Private Feinschmecker sind aufgeschlossener zu kaufen. Profis sind aufgeschlossener zu bewundern – aber aufgrund der beschriebenen Problematik oftmals dann doch keine Kunden.
Delinale: Wie steht es um die Zukunft der Wochenmärkte, gibt es eine neue Generation von Neukunden, also ein jüngeres Publikum, welches das in der Regel im Vergleich zu Supermärkten weitaus vielfältigere Angebot an frischen Produkten auf Wochenmärkten zu schätzen weiß?
Wegener: Unsere Kunden sind überwiegend in der Altersgruppe 30 – 50 beheimatet. Viele der jüngeren Kunden haben Kinder und kommen auch mit ihren Kindern zum Wochenmarkt. Die Gründe, warum Menschen sich die Mühe machen und auf dem Wochenmarkt einkaufen sind sehr vielfältig, denke ich. Wir haben Kunden, die für einige Tage oder auch eine Woche ihren gesamten Bedarf an Obst und Gemüse bei uns einkaufen – jede Woche. Wir haben auch Kunden, die nur für eine besondere Kartoffelsorte zu uns kommen. Eine Kundin hat über ein Jahr jeden Samstag 5 Möhren bei uns gekauft. Nun – nach über 12 Monaten kauft sie außerdem Tomaten und Gurken. An mir kann es nicht gelegen haben . . . es waren die guten Möhren. Ja, ich denke die großen Wochenmärkte haben eine Zukunft. Auch wenn manche Discounter mittlerweile ein sehr umfangreiches Angebot bereithalten, ist es für immer mehr Menschen wichtig zu erfahren, woher die Lebensmittel stammen und wie sie produziert wurden. Diese Informationen kann der Lebensmittel-Einzelhandel nicht bieten.
Delinale: Koch-Shows und andere mediale Angebote, die sich mit kochen und Lebensmittel beschäftigen, gibt es zahlreich. inwiefern macht sich dies bei der Nachfrage bemerkbar?
Wegener: Entweder man kann kochen – oder man kann es nicht. Wenn man es nicht kann, lohnt der Versuch es zu lernen. Wem das zu mühselig ist, beschränkt sich in der Regel aufs „Warmmachen“, oder lässt frei Haus liefern. Kochshows sind vermutlich wertvoller für die Bildung als „Daily Soaps“, eine Stimulierung der Nachfrage nach speziellen Produkten konnte ich in der Vergangenheit nur vereinzelt wahrnehmen.

Delinale: Auf welchen Märkten tritt Wegeners Gemüse Manufaktur derzeit an?
Wegener: In diesem Jahr sind wir nur auf dem Wochenmarkt in Dortmund vertreten. Wir haben in den letzten Jahren verschiedene Abendmärkte beschickt, mussten aber an allen Standorten feststellen, dass die Menschen auf solchen Märkten nicht einkaufen wollen. Wir haben allerdings Wiederverkäufer auf den Wochenmärkten in Münster, Bochum und Kamen.
Delinale: Wie unterscheiden sich die Vorlieben des Publikums des Dortmunder Wochenmarktes von dem auf anderen Märkten auf denen Wegeners Gemüse Manufaktur präsent ist und wenn ja, wodurch?
Wegener: Nein, einen signifikanten Unterschied in den Vorlieben in den verschiedenen Städten kann ich nicht feststellen. Eine Horngurke, oder eine grüne Tomate führt allerorten zu Staunen und Verwunderung. Unterschiedlich ist allerdings, wie die Menschen mit ungewöhnlichen Gemüsesorten – und in der Folge mit ungewohnten Preisen -umgehen. Hier reicht das Spektrum von überbordendem Lob bis hin zu blanker Verachtung. Man möge mir nachsehen, dass ich diesbezüglich keine Zuordnung zu entsprechenden Städten vornehme.